LEGO ALMA

Um die Funktionsweise eines astronomischen Radiointerferometers zu illustrieren, haben wir das ALMA Observatorium aus LEGO teilweise nachgebaut. Unsere kleinen Teleskope sind zwar blind, aber zwei Mikroprozessoren erkennen, wo sie stehen und auch wo ein auswählbares astronomisches Objekt am Himmel steht. Aus dieser Information berechnet ein Computer das Bild, das ALMA in dieser Anordnung erhalten würde. 

Ändert man die Anzahl der maximal 19 LEGO-Teleskope oder deren relative Position, so verändert sich das berechnete Bild. Ein kleines Bild des Himmelsobjekts kann an der Rückwand an verschiedene Positionen verschoben werden. Das Originalbild des Objekts wird auf dem Monitor angezeigt, ebenso wie das durch unser LEGO-ALMA beobachtete Bild. Je mehr Teleskope beobachten und je weiter und gleichmäßiger verteilt die Teleskope relative zur Objektrichtung stehen, desto besser wird das beobachtete Bild. Bei jeder Änderung der Konfiguration wird in Echtzeit ein neues Bild berechnet. So kann spielerisch erkundet werden, was wir mit einem Radio-Interferometer sichtbar machen.  

Einige technische Details

Die Schärfe eines Bildes – egal ob durch das Auge, eine Kameralinse, oder ein Teleskop aufgenommen – hängt nur von der Wellenlänge des detektierten Lichtes und dem Durchmesser der Linse ab: je größer das Teleskop, desto schärfer das Bild. Das menschliche Auge zum Beispiel hat ein Auflösungsvermögen von einer Bogenminute, das ist 1/60 Winkelgrad oder ca. 1/30 des Monddurchmessers. Die Auflösung wird proportional besser je kleiner die Wellenlänge und je größer die Linse: Bei einer Wellenlänge von 2 cm erreicht das 100-Meter Effelsberg-Radioteleskop (Eifel) eine ähnliche Auflösung wie das menschliche Auge.

Viele astronomischen Objekte sind viel kleiner und Beobachtungen erfordern eine Winkelauflösung von einer Bogensekunde (1/60 Bogenminute) oder weniger, wozu größere Teleskope oder die Beobachtung bei kürzerer Wellenlänge nötig wären. Die Fabrikationsgenauigkeit einer Linse oder eines Hohlspiegels muss dabei besser als 1/20 der Wellenlänge der beobachteten Strahlung sein, was die technischen Herausforderungen und Kosten größerer Teleskope schnell in die Grenzen des Machbaren treibt.

Der Interferometrie-Trick: Durch den geschickten Zusammenschluss mehrerer kleiner Teleskope kann ein Auflösungsvermögen erreicht werden, das dem eines viel größeren Teleskops entspricht; hier ist nicht der Durchmesser der einzelnen Teleskope maßgebend, sondern der maximale Abstand der Teleskope. 
Viele verteilte, kleine Teleskope wirken dann wie ein sehr löchriges, großes Teleskop. 
Die nur schwach ausgefüllte Sammelfläche eines solchen Interferometers hat seinen Preis: Das Bild hat zwar eine bessere Auflösung (Bildschärfe), aber es wirkt gefiltert wie durch eine verschmutzte und löchrige Brille. Daher wählt man die örtliche Anordnung der Teleskope immer so, dass die vom Himmelsobjekt erhoffte Information optimal sichtbar wird:  eine möglichst weite Verteilung der Teleskope, um scharfe Details zu erkennen, wobei die mehr ausgedehnten Strukturen verschwinden, oder umgekehrt. Das wahre Gesamtbild der Quelle ist mit einem Interferometer nur schwer abbildbar, aber es bietet uns die Erkenntnis kleinster Details, die mit einem (realisierbaren) einzelnen Teleskop nie sichtbar würden. 

Der Rechenaufwand eines Interferometers ist enorm. Jedes Teleskop besitzt einen Empfänger, der die Strahlungsintensität und Wellenphase der angepeilten Strahlungsquelle ständig registriert und an einen zentralen "Korrelator" leitet. In enge Frequenzintervalle aufgetrennt korreliert dieser (d.h. er multipliziert und mittelt) paarweise die Signale aller Teleskope (für die 50 ALMA Teleskope sind das 50*49/2=1225 Paare) und mittelt die Werte auf einige Sekunden. Dabei speichert ALMA ca. 500 Megabyte an Messdaten pro Sekunde. Aus diesen sogenannten Visibilitieskann ein Bild des Himmelsobjekts berechnet werden - wie erwähnt, durch eine Art Filter gesehen. 

Auch unser LEGO Modell berechnet das beobachtete, gefilterte Bild eines auswählbaren Objekts: eine Spiralgalaxie, eine S-förmige Struktur mit eingebetteten Punktquellen, ein geometrisches Muster, oder direkt durch eine Kamera aufgenommene Zuschauer. 

Verantwortlich für Design und Aufbau ist die Forschergruppe von Prof. Bertoldi am Argelander-Institut für Astronomie der Universität Bonn, insbesondere Toma Badescu, Philipp Müller, Dr. Benjamin Magnelli und 
Dr. Stefanie Mühle.

Die 19 LEGO-Teleskope können auf 43 vorbestimmte Positionen gesetzt werden. Das echte ALMA besitzt 66 Teleskope und 192 Positionen (pads) im maximalen Abstand von 16 km.

Auf dem Monitor werden verschiedene aktuelle Daten wiedergegeben:  links oben die Positionen der Teleskope von oben gesehen, darunter aus Perspektive der Quelle zum Zeitpunkt ihres höchsten Standes; links oben mittig das reale Bild der Quelle, rechts oben das Bild, das ALMA mit der gewählten Konfiguration sehen würde wenn Daten über 12 Stunden aufgenommen würden (Auf- bis Untergang) und die Erddrehung dabei entsprechend die Perspektive der Teleskope dreht, daneben das Bild einer hypothetischen Punkt-quelle, dies entspricht dem Abbildungsvermögen dieser Beobachtung.