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Interpretation

  Die sehr gute Übereinstimmung der Leuchtkraftfunktionen in Abb. 6.13 stellt einen Hinweis auf eine hohe erreichte Vollständigkeit dar, da eine sehr ähnliche, leicht höher liegende Dichte von Haufen gefunden wurde. Die beiden Stichproben sind nicht direkt vergleichbar, da die Stichprobe von [EBELING et al. 1997, BCS,] ein tieferes Flußlimit, aber dafür eine geringere Himmelsabdeckung (Abschnitt 3.1) hat. Das bedeutet, daß in der hier behandelten Stichprobe die Anzahl naher Haufen größer ist und im BCS die Anzahl von weiter entfernten ( tex2html_wrap_inline11037 ) Haufen. Außerdem unterscheiden sich die Bestimmungsmethoden für die Leuchtkraft (BCS: VTP [EBELING 1993]). Diese Unterschiede machen die gefundene Übereinstimmung noch erfreulicher.

Die Leuchtkraft wurde in Abschnitt 4.5 mittels der gemessenen Flüsse innerhalb des Abschneideradius tex2html_wrap_inline6291 bestimmt. Mit zunehmender Entfernung eines Haufens wird tex2html_wrap_inline6291 kleiner (in Mpc, nicht nur in Bogenminuten), da die Emission schon bei einer höheren Dichte in den Hintergrund übergeht. Man kann versuchen, die durch diesen Effekt verursachten Unterschiede zu modellieren, z. B. [BRIEL & HENRY 1993], jedoch dürften die Unterschiede bei dem hier behandelten Entfernungsintervall gering sein.

Eine Gasmassenfunktion für Galaxienhaufen wurde bisher nur einmal bestimmt [BURNS et al. 1996]. Dabei wurden im optischen selektierte arme Haufen und Abell-Haufen verwendet. Die Haufen wurden dann im RASS untersucht und 22 arme Haufen und 33 Abell-Haufen detektiert. Die Gasmassen wurden mit den RASS Daten bestimmt. Die Parameter tex2html_wrap_inline11055 und tex2html_wrap_inline11057 wurden für alle Haufen konstant angenommen. Die Gasmassen wurden innerhalb eines festen Radius von tex2html_wrap_inline9463 bestimmt. Vergleicht man diese Gasmassenfunktion mit der hier gezeigten (nach der Transformation auf tex2html_wrap_inline11061 ), dann stellt man fest, daß sie um einen Faktor drei bis vier höher liegt. Die tatsächliche Diskrepanz liegt jedoch unter diesem Wert. Für die Masse innerhalb eines bestimmten Radius gilt tex2html_wrap_inline11063 . [DAVID et al. 1995] messen tex2html_wrap_inline11065 , d. h. tex2html_wrap_inline11067 . Die in dieser Stichprobe angewendete individuelle Methode der Bestimmung des äußeren Radius' tex2html_wrap_inline4682 (Abschnitt 5.1.1), die eine Vergleichbarkeit von Galaxienhaufen unterschiedlicher Größe gewährleistet, führt auf äußere Radien um tex2html_wrap_inline11071 , da für die mittlere Gesamtdichte eines Haufens tex2html_wrap_inline9469 ein konservativer Minimalwert von tex2html_wrap_inline11075 festgelegt wurde, um möglichst sicher zu gehen, daß der Haufen innerhalb dieses Radius' im hydrostatischen Gleichgewicht ist. Schätzt man nun grob ab, daß ein um einen Faktor zwei vergrößerter Radius eine Verschiebung zu höheren Massen um einen Faktor drei bewirkt, werden die Unterschiede sehr klein. Verbleibende Unterschiede lassen sich auf die unterschiedlichen Methoden der Datenreduktion zurückführen. Für die Analyse der meisten Haufen in dieser Arbeit wurden pointierte Beobachtungen benutzt, deren Belichtungszeiten um einen Faktor 10-30 höher liegen als die des RASS. Die Annahme von konstanten Parametern tex2html_wrap_inline4116 und tex2html_wrap_inline4686 im Vergleich zu der hier für jeden Haufen individuell durchgeführten Anpassung kann zu Abweichungen in der Gasmassenbestimmung führen. Nicht zuletzt könnte es Unterschiede in den Populationen im optischen und im Röntgenbereich selektierter Haufen geben.

In dieser Arbeit wurde zum ersten Mal mit Röntgendaten die Gesamtmassenfunktion (Abb. 6.15), unter der Benutzung der individuell bestimmten Einzelmassen aufgestellt. Beim direkten Vergleich der Massenfunktionen von [BAHCALL & CEN 1993], [BIVIANO et al. 1993] und [GIRARDI et al. 1998a] mit der hier gezeigten Massenfunktion (nach der Transformation auf tex2html_wrap_inline11061 ) findet man folgendes: Bei einer Haufenmasse von tex2html_wrap_inline11085 liegen die Dichten bei den drei vorgenannten Arbeiten bei tex2html_wrap_inline11087 , hier um tex2html_wrap_inline11089 . Bei tex2html_wrap_inline11091 bei tex2html_wrap_inline11093 und hier bei tex2html_wrap_inline11095 , d. h. einen Faktor sechs niedriger. [BAHCALL & CEN 1993] geben Dichten zu noch niedrigeren Massen an. Der Bin bei der niedrigsten Masse der vorliegenden Arbeit bei tex2html_wrap_inline11097 liegt um einen Faktor zehn niedriger. Worin liegt die Ursache dieser mit sinkender Masse ansteigenden Diskrepanzen? Allen drei genannten Arbeiten ist gemeinsam, daß\ die Massen über die Geschwindigkeitsdispersion von Galaxien bestimmt wurden (bei [BAHCALL & CEN 1993] zumindest teilweise). Bei dieser Methode kann es zu Projektionseffekten kommen, d. h. Galaxien, die entlang der Sichtlinie gesehen, dem Haufen zugeordnet werden, jedoch nicht physikalisch mit diesem verbunden oder zumindest nicht gravitativ gebunden sind, verfälschen die gemessene Dispersion. Die Dispersion wird in diesem Fall systematisch zu hoch bestimmt, da einerseits weiter von dem Haufen entfernte Galaxien abweichende kosmologische Rotverschiebungen besitzen und andererseits einfallende Galaxien höhere Geschwindigkeiten besitzen. Insbesondere wird bei kleinen Gruppen geschätzt, daß nur tex2html_wrap_inline11099 tatsächlich `echt' sind, d. h. physikalisch miteinander verbundene Systeme sind, z. B. [RAMELLA et al. 1989], [RAMELLA et al. 1995]. Solche fälschlicherweise als Galaxiengruppe identifizierte Objekte weisen ebenfalls wegen der unterschiedlichen Rotverschiebungen hohe Geschwindigkeitsdispersionen auf. Die möglicherweise durch diese Effekte zu hoch bestimmten Massen werden bei Haufen auf einen Faktor zwei und zu Gruppen hin auf einen Faktor vier abgeschätzt. Weiterhin benutzen alle drei Arbeiten einen festen Radius von tex2html_wrap_inline9463 , was wie oben ausgeführt ([DAVID et al. 1995] finden tex2html_wrap_inline11103 ) zu höher bestimmten Massen von einem Faktor drei bis vier führen kann. Diese addierten Fehler können die größeren Diskrepanzen zu kleineren Massen leicht erklären. Ebenfalls können Unterschiede durch die Auswahl der Galaxienhaufen und die Vollständigkeit der Stichprobe entstehen. Darüberhinaus sind wie in Abschnitt 5.3 verdeutlicht die hier abgeschätzten Gesamtmassen mit Fehlern in der Größenordnung von tex2html_wrap_inline5278 bis zu einem Faktor zwei versehen. Alles in allem stellt die in dieser Arbeit erstmals mit der in Kap. 5 beschriebenen Massenbestimmungsmethode bestimmte (Gas-) Massenfunktion eine Abweichung von bisher bestimmten Funktionen dar, deren Ursachen und Auswirkungen weiter diskutiert werden müssen .


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Thomas Reiprich
Sun Feb 14 18:22:39 MET 1999