Die Photonen im Röntgen- und Gamma- (X- und γ-)Bereich sind die mit den höchsten Energien. Die Bedeutung dieses Bereichs des Spektrums liegt darin, dass hier die sich im Universum abspielenden hochenergetischen Prozesse sichtbar werden. Dabei handelt es sich meistens um Strahlung aus ganz heissen Gasen (1-10 Million Grad), wie z.B. die Gase der Korona der Sonne oder auch die heisse Komponente des interstellaren Gases. Schliesslich finden auch hochenergetische Prozesse im Wechselspiel vieler Doppelsterne mit einem kompakten Begleiter statt, bei denen Gas von einem Stern auf den begleitenden Weissen Zwerg, auf einen Neutronenstern oder in ein Schwarzes Loch strömt. Auch Gasströme in Kernen aktiver Galaxien können zur Freisetzung hochenergetischer Photonen führen.
Röntgen- und Gamma-Photonen solch hoher Energie dringen leicht in Materie ein, wo sie in Wechselwirkung mit der Materie (Ionisation, Kernreaktionen, Streuung, Compton-Effekt) ihre Energie verlieren. Da die Erdatmosphäre auch mit diesen Photonen wechselwirkt, ist die Atmosphäre nicht durchlässig. Man kann die ausserhalb der Erde freigesetzten X- und γ-Photonen nur mit Hilfe von Detektoren in Raketen oder Satelliten messen.
Eine große Schwierigkeit bei der Detektion von Röntgen- und Gamma-Quellen ist, dass die Photonen nicht von herkömmlichen Spiegeln reflektiert werden, da sie eben einfach in das Material eindringen. Man weiss daher nicht sofort, aus welcher Richtung sie kommen. Allerdings findet bei streifendem Einfall an gut polierten metallischen Flächen Reflexion doch statt. Die Detektion der Photonen basiert dann wieder auf der Interaktion der Photonen mit dem Material des Detektors: Es werden Elektronen freigesetzt oder Lichtblitze ausgelöst, die mit Hilfe bekannter Techniken in verwertbare Signale verwandelt werden.
Die streifende Reflexion wurde als erstes ausgenutzt, indem man mit einer Sammlung paralleler gut polierter Metallplatten eine gewisse Richtungsempfindlichkeit erreichte. Man "sieht" alle Photonen aus einem ganzen Streifen am Himmel, aber die aus seitwärtigen Richtungen kommenden werden von den Platten absorbiert. Wenn man den Himmel mit diesem Detektor in unterschiedlicher Ausrichtung abtastet, kann man aus Orientierung und ermitteltem Signal doch die Position einer Quelle bestimmen. Die Methode wurde bei den ersten Röntgendetektoren in Raketenexperimenten und Satelliten verwendet.
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Später hat man leicht gebogene Flächen bei streifendem Photonen-Einfall verwendet (nach Wolters, 1952), um so eine "abbildende Optik" zu bekommen. Dies wurde sehr erfolgreich beim deutschen Röntgensatelliten (ROSAT) angewandt, und dann ebenfalls bei späteren Satelliten.
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Die Photometrie
liefert Information über die spektrale Verteilung
der abgestrahlten Intensitäten und
(im Wesentlichen unter Verwendung der Planck-Funktion)
über die Temperatur der Objekte.
Eine Komplikation bei der Deutung der Photometrie ist,
dass das interstellare Gas selber auch Photonen absorbiert.
Im Röntgenbereich spricht man von weicher und
von harter Röntgenstrahlung, je nach Energiebereich der Photonen.
Der γ-Bereich umfasst alles,
was energiereicher als die Röntgenstrahlung ist.
Detektiert wurden bisher Photonen mit Energie zwischen
100 keV (=0.1 MeV) bis 10 TeV (=10.000.000 MeV).
Von den Photonen mit höchster Energie
gibt es allerdings nur ganz ganz wenige.
Die Spektroskopie,
die wegen der technologisch schwierigen Entwicklung der Instrumente
erst spät zum Tragen kam,
liefert Information über die Spektrallinien und
(im Wesentlichen unter Verwendung der Boltzmann-Statistik)
über die Bedingungen wie Temperatur und Dichte
in den leuchtenden Gasen.
Die Strahlung im X- und γ-Bereich stammt sowohl aus diffusen Quellen (Gaswolken) als auch aus "Punktquellen" (Doppelsterne, Pulsare, Quasare, Kerne aktiver Galaxien). Es werden fast immer flächenhafte Abbildungen gewonnen. Allerdings war die räumliche Auflösung bei den ersten X- und γ-Teleskopen nicht sehr gut, bedingt durch die Schwierigkeit gut abbildende Optik herzustellen.
Gammastrahl-Astronomie wird auch von der Erdoberfläche aus gemacht. Dann detektiert man allerdings mit herkömmlichen Teleskopen nur Lichtblitze, die bei der Wechselwirkung von γ-Quanten mit Atomen der oberen Erdatmosphäre freigesetzt werden. Die Techniken sind die, die auch bei einem Teil der Höhenstrahlen-Astronomie eingesetzt werden.
Die wichtigsten astronomischen X- und γ-Experimente (Missionen) sind in der Tabelle aufgeführt.
Röntgenstrahlung (X-rays) | γ-Strahlung (γ-rays) | |
---|---|---|
Missionen Universum | ||
1960 - | Raketen, Ballon Missionen |
Raketen, Ballon Missionen |
1970 | UHURU | |
1972 - 1982 | Copernicus, ANS, SAS-3 Einstein (HEAO-2) EXOSAT, Ginga |
Cos-B |
1990 - 2000 | ROSAT (1991-2000) | CGRO (1991-2000)
ASCA (1993-2000) |
1998 - | XMM (seit 1999), Chandra (seit 1999) | BeppoSax (seit 1998)
Intergral (seit 2003) |
Missionen Sonne | ||
1950 - 1980 | Raketen Ballon Missionen |
|
1960 - 1980 | Orbiting Solar Observatories | |
1990 - | SOHO (seit 1995) |
Wichtige Entdeckungen waren:
UHURU: Röntgen-Punktquellen, die die ersten Hinweise auf die Existenz
stellarer Schwarzer Löcher gaben (siehe auch
Nobelpreis Physik 2002).
Raketen der Wisconsin-Gruppe: Allgegenwärtige
Röntgen-Hintergrundstrahlung;
diffuse Strahlung aus dem Halo der Milchstraße.
Einstein: Röntgendoppelsterne, und diffuse Röntgenstrahlung.
Rosat: Röntgenschatten von interstellaren Gaswolken
(wie die Schatten von Knochen bei einem medizinischen Röntgenbild)
gegen heissen/leuchtenden Hintergrund.
Chandra: Heisse "Blasen" in anderen Galaxien (siehe auch
das Interstellare Medium).
XMM: Auflösung des Röntgenhintergrunds
in vorwiegend Punktquellen (Galaxien).
Cos-B: Erste komplette Himmelskartierung in X-Licht;
Compton-Strahlung durch Wechselwirkung schneller Elektronen mit
galaktischen dichten (molekularen) interstellaren Gaswolken.
Compton Gamma Ray Observatory mit 4 Detektoren
BATSE,
COMPTEL,
EGRET,
OSSE:
Genaue Zeitpunkte und grobe Positionen
von Gamma-Ray-Bursters (Hypernova-Explosionen);
Nachweis der Emission durch radioaktiven Zerfall von in Supernovae-Explosionen
erzeugtem Aluminium; Pulsare sind stark im γ-Bereich.
BeppoSax: Sehr genaue Positionen von Gamma-Ray-Bursters
(Hypernova-Explosionen) innerhalb weniger Minuten nach Entdeckung!
Damit wurden sofortige Nachfolgebeobachtungen im Visuellen
von der Erde aus möglich.
OSO: Heisse Gase der Sonnenkorona in EUV Licht
(sehr weiche Röntgenstrahlung).
SOHO: Heisse Gase der Sonnenkorona, Variationen der Sonnenausstrahlung.