Schloss Crottorf, um 1560

Johan von Selbach hätte sich auf seinen Lorbeeren ausruhen können. Er war Marschalk geworden, heil aus dem Türkenkrieg heimgekehrt und ab 1549 auch nicht weiter tätig als "Amtmann" zu Windeck an der Sieg. Aber mit der Ruhe wurde nicht viel. Er entschied sich, sein Schloss Crottorf groß umzubauen.
Die einfache Burg verwandelte er 1550-1560 in ein richtiges Schloss, im Wasser gelegen, zugleich stark befestigt. Aus der Zeit Johans ist keine Beschreibung seines Schlosses bekannt. Es gibt über die Räumlichkeiten nur einen minimalen Hinweis: er unterzeichnete sein Testament gegen Ende 1561 in Anwesenheit von Zeugen "in der großen Saalstube".

Nach dem Tode Johan von Selbachs (JvS) kam das Schloss in Besitz seiner Tochter Catharina (+1582) und seines Schwiegersohns Wilhelm von Hatzfeld (+1569). Beide starben relativ jung. Danach wurde Crottorf von seinem Enkel Sebastian van Hatzfeld (1569-1631) bewohnt. Dieser begann, um 1600 (Friedhoff, 2004), mit der Durchführung vieler dringend notwendiger Instandsetzungsarbeiten, aber veranlaßte auch einige kleine Veränderungen.

Von Wi-CR: Vor 1550 bestand die Anlage vermutlich nur aus einem einfachen Burghaus (festes Haus) mit zwei bis drei Geschossen, das von einem [dem Wildenburger Bach gespeissten] Wassergraben umgeben war.

Nach dem Ausbau präsentierte sich Crottorf als ein stark befestigter Zweiflügelbau mit drei Geschossen, dessen Außenwerke heute noch vorhanden sind. Zwei Bastionen, an der Nordost- und der Südwest-Ecke, werden auf einer Ansicht (von ca. 1600, Friedhoff, p.397) als mächtige Rondelltürme dargestellt. Eine Zeichung aus der Vogelperspektive, basierend auf der alten Ansicht sowohl als auf der heutigen Situation, zeigt ganz Crottorf aus jener Zeit (Abb. nach Braun, 2010). Die von Friedhoff genannte Zeichnung zeigt aber keine Vorburg, die es ca. 1605 schon gab. Die alte Ansicht köntte man als einen Vorentwurf für den großen Umbau (also aus ca. 1550) betrachten.

Die Art des von JvS durchgeführten großen Umbaus wurde sicher maßgeblich von seinen Erfahrungen aus der Zeit bei Johan van Wisch auf Terborgh (Grafschaft Zutphen, ca. 1511-1517) beeinflusst, als er die Burg Terborgh unter der Leitung von und zusammen mit Willem van Gent um "Pforten, Graben, Bastione und Stakette" ergänzte (van Weringh, 1981, p.4). 1522 eroberte JvS (im Auftrag des Herzog Karel von Gelre) die Festung Coevorden in Drenthe (Niederlande). JvS wurde anschliessend von seinem Herzog zum Kastellan der Festung und auch zum "Drost" (Amtmann) der Provinz Drenthe ernannt. Er hat in den Jahren danach (1522-1536) auch die Festung Coevorden erheblich verstärkt. Und so wurden bei Crottorf alle Türme, auch die des Schloss selber, in strategischer Höhe von Maulscharten versehen!

Wenn wir uns Crottorf über die Brücke nähern, fällt der große Zugangsturm auf (Foto oben).

Links, auf der SW-Ecke der Mauer, steht noch der untere Teil des großen Rondellturms (Foto Hilgers, 2006).

Die Pforte selbst ist relativ klein,
der Durchgang zweimal geknickt; so konnte man unerwünschte Eindringlinge frontal, von den Seiten, und von hinten beschiessen.

Eine zweite Brücke führt zur Vorburg. Vom Hof der Vorburg geht es geradeaus durch eine weitere Pforte zum Innenhof des eigentlichen Schloss.
Die Haustür erreicht man nach Besteigen einer Treppe. All dies wurde, ein Jahrhundert nach JvS, von den von Hatzfelds an der Aussenseite verschönert und modernisiert.
Die Umgestaltung zu einem "festen Schloss" sprach sich herum. Kaspar von Fürstenberg, Burg Schnellenberg, der Drost in mehreren Ämtern in Westfalen war, unterhielt gute Beziehungen zu Sebastian von Hatzfeld. Kaspar gab 1596 Wertsachen zum Schutz gegen marodierende Soldaten auf Crottorf in sichere Verwahrung (Friedhoff, p.398).

Die Rechnungsbücher von Sebastian von Hatzfeld 1605-1621 (siehe Friedhoff, p.398ff) bilden eine Fundgrube um sich über die in diesen Jahren wo im Schloss durchgeführten Instandsetzungsmaßnahmen und Verbesserungen zu informieren. So wie über die Kosten.
Auf diese Art kan etwas über die Räumlichkeiten von Crottorf von vór 1600 abgeleitet werden, also nach Vollendung des großen Umbaus 1550-1562 durch JvS. Wo genau sich diese in einem Gebäude befanden, bleibt unklar.

1. Vorderer Turm mit Pforte. Das Gebäude enthielt einen größeren Raum mit "Kamin"; 1606 wurden dort drei Fenster eingesetzt.

2. Vorburg. Hier befand sich das Brauhaus; 1621 wurde ein neuer Kessel installiert. Vermutlich befanden sich hier auch Waschhaus, Bäckerei, "gesindt stube" und Badestube. Es ist zu vermuten, dass der Vorburg auch die "Rüst Cammer" enthielt. Da gab es "Musquetten, einfache Rohr, Pistole, und Harnische"; für eine gründliche Reinigung von all diesem brauchte der Schlösser 1621 elf Wochen.

3. Kellergeschoss Haupthaus. Unter der Eingangstür des Haupthauses liegt der Zugang zu den Kellern. Genannt werden im Rechnungsbuch Apfelkeller, Fleichkeller, Milchkammer [Fleich(!)], später auch Bierkeller und Weinkeller. Die Küchenkammer könnte auch im Keller gewesen sein, war aber eher auf der Wohnetage.

4. Wohnbereich Haupthaus. Die meisten Räume wird es im Wohnbereich hinter der Haupttür und auf dem Stockwerk darüber gegeben haben. 1609 wurden neue steinernen Böden gelegt in zwei Zimmern neben dem Saal und in eine kleine Kammer im oberen Stock neben dem Gang vor dem geheimen Gemach. Es gab eine Hauskapelle, ein Esszimmer, eine Frauenstube, eine Bücher Cammer. Es wurde auch vom Maurer im "Gemäch der Gemahlin" und in "ihro Gnaden schlaff cammer" ... gebessert und geflickt. Die große Saalstube aus dem Testament von JvS ist wohl mit "Saal" gleichzusetzen.
Schlösser arbeiteten (meistens Schlösser Anbringen/Erneuern) am Kleiderschrank, dem Schreibtisch, "zwey schloß zum theil verzinnt, ahn die bettruhe", am Silber- und Zinnschrank, und an neuen Reisekisten.
Im Keller liegt das Gefängnis, welches durch ein enges Loch mit dem ersten Stock verbunden ist.

5. Der Innenhof des Hauptgebäudes war 1609 neu zu graten (pflastern). Und es wurden neue Beschläge für das Tor im Lustgarten und eine neue Tür an der Brunnenstube geliefert.

6. Vor der Pforte gab es das Viehhaus und den Lustgarten. An einer nicht benannten Stelle lag der Pferdestall. Zu Crottorf gehörte auch eine Schlossmüle, am Bach gelegen.

Obwohl dies Informationen aus den Rechnungsbüchern 1605-1621 sind, liegt es auf der Hand anzunehmen, dass die Räume und Zimmer sich bereits zur Zeit Johan van Selbachs (ca. 1560) an der gleichen Stelle befanden.

Viel später, 1662-1692, wurde das Schloss in ein Barock-Schloss umgewandelt. Aussen betraf dies wohl vorwiegend die Dächer, Türen und Pforten und die Verschönerung der Ecktürme. Das Interieur wurde vielfältig umgebaut und alles wurde mit Stuckkaturen im Barockstil dekoriert.

Quellen:
Braun, W. (2010). Burgenrekonstruktion. ©, aber frei für nicht-kommerzielle Verwendung.
Friedhoff, J. (2004). "Die Familie von Hatzfeld", Crupello Verlag.
Hilgers, H. (2006). Teil einer Panoramafoto.
van Weringh, J.J. (1981). In "Gruoninga, tijdschrift voor genealogie en wapenkunde", 25e-26e Jg 1980-81, p.1, "De Selbachs".
Wi-Cr: Wikipedia Schloss Crottorf

Zurück zum Leben von JvS.

(2018.07.18)   crottorf-d.html