Sternhaufen

Schon in kleinen Teleskopen sind an vielen Stellen am Himmel sehr starke Verdichtungen von Sternen zu sehen. Es sind die sogenannten Sternhaufen.
Die Stärke der Verdichtung überdeckt einen großen Bereich. Am dichtesten sind die kugelförmigen Sternhaufen (KH; globular clusters, GC). Weniger dicht sind die offenen Sternhaufen, und die niedrigste Stufe der Verdichtung wird von den Assoziationen gebildet.

Die große Bedeutung der Sternhaufen liegt in der Möglichkeit, an ihr die Sternentwicklung zu erahnen. Das dichte Beisammenstehen lässt vermuten, dass die Sterne gegenseitig gravitativ gebunden sind. Sie sind wohl gleichzeitig entstanden und immer zusammen geblieben. Eine Bestandsaufnahme der Eigenschaften dieser Sterne zeigt ihr Zustand nach gleicher Lebenszeit. Unterschiede in Bestandsaufnahmen verschiedener Sternhaufen deuten daher auf Unterschiede in der jeweiligen Entwicklungsphasen einer gleichartigen Population hin.

Die einfachste Art einer Bestandsaufnahme ist die Erstellung eines Farben-Helligkeits-Diagramms (FHD). Die FHDs zeigen Sterne, die aus dem HRD schon bekannt sind. Man sieht die Hauptreihe (allerdings manchmal nur den Teil unten rechts) und den Riesenast (manchmal nur einige Sterne ganz oben). Dann aber auch manchmal eine Gruppe, die horizontal angeordnet ist, der Horizontalast, der im HRD von Feldsternen nicht so sichtbar ist.

Sortiert man solche FHDs nach der Länge der Hauptreihe, dann wird damit auch eine kontinuierliche Änderung in den anderen Teilen des FHD sichtbar. Diese Anordnung, so stellte sich heraus, ist eine Reihung nach Alter und sie ermöglicht es, die Phasen der Sternentwicklung zu sehen. Insbesondere bei den KH sieht es so aus, als ob Sterne der Hauptreihe fehlen, es dafür aber Riesensterne und Horizontalaststerne gibt.

Die wichtige Erkenntnis ist, dass die Entwicklung der Sterne eine vom Hauptreihenstadium in andere Stadien hinein ist. So hat die Studie der Sternhaufen stark die ersten Ideen zur Sternentwicklung geprägt.

Die Erkenntnis, dass die Länge der Hauptreihe nach links oben mit dem Entwicklungsstadium des Haufens zusammenhängt, erlaubt es, das Alter einer Sterngruppe zu bestimmen. Um dies zu tun, muss die Hauptreihenlebenserwartung der Sterne bekannt sein. Sie folgt aus der Studie der inneren Struktur der Sterne und wird grobweg durch tHR proprotional zu 1 / M2 gegeben.

Zum Horizontalast (horizontal branch, HB):
Sterne, die sich zu HB-Sternen entwickeln, fangen mit 0.7 < M < 2.2 Msun auf der Hauptreihe an. Diejenigen aus dem unteren Massenbereich, die jetzt HB-Stern sind, sind daher alt und man findet sie in den älteren Populationen der Galaxis, wie in der "dicken Scheibe", im Halo und in KH. Sie bilden in den jeweilgen FHDs den HB (von ganz blau bis in den gelben Bereich mit den RR Lyr Variablen).
Sterne die mit M > 1.2 Msun anfingen und jetzt HB-Sterne sind, waren "jung", haben nach dem Riesenstadium noch eine Masse M > 0.9 Msun, daher noch eine dicke Hülle und sind somit rötlich. Diese HB-Sterne liegen ganz rechts im Bereich des Riesenastes. Jüngere Sternhaufen haben daher keinen "horizontalen" HB, sondern nur einen kleinen "Klumpen" an roten HB-Sternen beim Riesenast.

Die Lage in der Milchstraße und das Alter der drei Typen von Sternhaufen ist unterschiedlich.
= Die kugelförmigen Sternhaufen sind im allgemeinen alt, wohl so alt wie unsere Galaxis. Man findet sie weiträumig verteilt (Scheibe und Halo).
= Die offenen Sternhaufen sind deutlich jünger als die KH. Man findet offene Haufen nur in der Scheibe der Milchstraße, also dort, wo sich noch Sterne bilden.
= Assoziationen sind ebenfalls jung bis sogar sehr jung. Es gibt sie nur in der Scheibe.

Kugelsternhaufen M 15

Der Kugelsternhaufen M 15 im Halo der Milchstraße   (Bildquelle M. Altmann)

  Sternhaufen h & chi Persei

Zwei nahe offene Sternhaufen: h & chi Persei (NGC 869 & 884)   (Bildquelle M. Altmann)

Die KH der Galaxis lieferten die ersten Hinweise für die Entfernung und die Bewegung der Sonne um das Zentrum unserer Galaxis. Die Kugelsternhaufen befinden sich im Halo, deren Objekte gravitativ an die Galaxis gebunden sind und sich deswegen symmetrisch um den Massenmittelpunkt befinden müssen. Mehr dazu in "Entschlüsselung der großräumigen Struktur der Milchstraße".

Kugelsternhaufen hat man auch bei anderen Galaxien gefunden. Insbesondere die großen elliptischen Galaxien können gewaltige sogenannte Kugelhaufensysteme haben. Man erkennt ein Kugelhaufensystem in solchen Entfernungen an
1. einer auf der Galaxie konzentrierten überhöhten Flächendichte an Punktquellen (KH können in solchen Entfernungen im allgmeinen nicht räumlich aufgelöst werden);
2. der Farbverteilung dieser Objekte (in einem FHD zeigen sie sich in großer Zahl mit Farben ähnlich denen der galaktischen KH).

Die Verteilung über die absolute Helligkeit der KH in einem Kugelhaufensystem kann, nach Eichung an das System der Milchstraße, auch benutzt werden, um die Entfernung der Hauptgalaxie des jeweiligen Kugelhaufensystems zu bestimmen. So haben die KH auch eine Bedeutung für die Entschlüsselung der großräumigen Struktur des Universums.


www.astro.uni-bonn.de/~deboer/eida/eida-gc.html
2003.09.08/2004.07.08