'Oumuamua − Bote aus der Galaxis
Klaas S. de Boer Argelander Institut für Astronomie, Univ. Bonn
November 2018 Ist 'Oumuamua ein Raumschiff?
Die Astronomen Bialy und Loeb am Harvard Institut (USA) haben untersucht, ob der Sonnenwind ein Objekt in einer Bahn um die Sonne von seinem Pfad drücken kann. Schlussfolgerung: ja, das ist nicht unmöglich, jedoch NUR, wenn seine Oberfläche relativ groß UND diese der Sonne zugewandt ist. 'Oumuamua ist länglich und die Oberfläche zu klein, um so die gemessene, sehr kleine Merkwürdigkeit in der 'Oumuamua-Bahn zu erklären. Dazu kommt, 'Oumuamua schien zu taumeln. Die Autoren haben (auf legitime Art) über Winddruck spekuliert, die Verknüpfung mit 'Oumuamua ist nett, aber unrealistisch. Nein, 'Oumuamua ist kein Raumschiff. |
Es ist der 19. Oktober 2017. Am "Institute for Astronomy" in Hawaii inspektiert Rob Weryk die mit Pan-STARRS gewonnenen Daten. Das Pan-STARRS System hat etwas Auffälliges gemeldet, ein Objekt, das sich bewegt. Beim Vergleich mit den Daten der vorangegangenen Nächte ist er sicher, ja, es handelt sich um ein sich bewegendes Objekt. Er nimmt sofort Kontakt auf mit Marco Michelli, ehemals tätig auf Hawaii, der jetzt an der "optischen Bodenstation" der ESA auf Tenerifa arbeitet. Und, jawohl, das Teleskop der ESA auf den Kanarischen Inseln hat das Objekt auch gesehen. (a,b)
Sehr schnell werden auch andere Observatorien informiert. Die Astronomie ist stark vernetzt und hat sehr gute Kooperationen. Wenn sich etwas am Himmel tut, muss man schnell sein, so sagte Olivier Hainaut von der Europäische Südsternwarte (ESO) in Garching, das Ereignis ist fast immer von kurzer Dauer. Oder wie hier: ein sich bewegenes, nicht sehr helles Objekt, das sich anscheinend von uns (von der Erde) wegbewegt. Es kann nur schwächer werden. (a)
Der Name: 'Oumuamua
In den darauffolgenden Tagen wird schon eine erste Analyse des Weges durchgeführt. Es ist bald klar: das Objekt gehört nicht zum Sonnensystem, es kommt aus den Weiten des Weltalls. Das Objekt näherte sich uns von weit über der Ekliptik (die Ebene mit Sonne, Mond und Planeten), befand
Die Bahn des Objekts brachte die Astronomen dazu, sich mit zwei Sprachkundlern auf Hawaii, Ka'iu Kimura and Larry Kimura, zusammenzusetzen. Ein geeigneter Name sollte das Objekt bekommen. Wegen seiner vermutlichen Herkunft wurde es 'Oumuamua getauft, was in der Hawaiianischen Sprache so etwas bedeutet wie Botschafter aus der sehr grauen Vergangenheit, mit "ou" (sprich O-u) für "besuchen" und "mua" für "der erste" (die Verdoppelung verleiht der Silbe Nachdruck: der aller-aller-erste). Es ist eben das erste Objekt, das als ein derartiger "Botschafter" von außerhalb unseres Planetensystems bekannt geworden ist. (h)
Beschaffenheit von 'Oumuamua
Viele Teleskope haben auf 'Oumuamua gezielt. Eines von ihnen, das Gemini South Teleskop in Chile in der Nähe von La Serena, hat am 27. Oktober mit vielen verschiedenen Farbfiltern Aufnahmen des Objekts gemacht. Alle diese Aufnahmen wurden aufaddiert derart, dass das bewegende Objekt in der Mitte des Bildes liegt.
'Oumuamua.
Summe aus vielen Gemini Aufnahmen
(vom 27. Oktober 2017). |
Die Messungen der Helligkeit des 'Oumuamua offenbarten, dass diese ziemlich schwankt. Derartige Schwankungen sind bei Planetoiden/Asteroiden (siehe Begriffe) ziemlich normal. Da solche Objekte von sich aus kein Licht freisetzen, sondern nur sichtbar sind, da sie das von der Sonne aufgestrahlte Licht reflektieren, schließt man aus Helligkeitsvariationen sofort auf zweierlei: 1) das Objekt hat eine nicht runde Form; oder 2) die Oberfläche hat eine örtlich variierende Reflektionsfähigkeit. Die Helligkeit des 'Oumuamua schwankte sehr stark, sogar um einen Faktor 10, sodass die bessere Erklärung eine längliche Form des Objekts ist.
Die Schwankungen um einen Faktor 10 in der Helligkeit lassen eine lange Form vermuten, vielleicht 10 Mal so lang wie breit (wie man einfachheitshalber aus der Lichtschwankung ableiten würde). Aber das Objekt könnte auch noch länglicher sein.
So könnte 'Oumuamua aussehen: länglich und dunkel.
Aber gesehen hat man dies nicht.
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Anfänglich hatte man noch vermutet, das Objekt sei ein Komet. Es war aber kein Schweif zu sehen, und keine dazugehörigen Ausdunstungen, die i.A. ziemlich hell leuchten würden. Schon nach einer Woche tippte man auf einen Planetoid/Asteroid. Und das wird allgemein akzeptiert. Aus welchem Material 'Oumuamua besteht, konnte noch nicht festgestellt werden. Bislang wurden keine spektroskopischen Messungen bekannt, 'Oumuamua war dafür wohl zu lichtschwach. Ohne gasförmige Bestandteile ist er eher so etwas wie ein länglicher Fellsbrocken, mit vielleicht sogar sehr eisenhaltigem Material.
Woher kam 'Oumuamua?
Die sehr lang gezogene (hyperbolische) Bahn und die Geschwindigkeit des 'Oumuamua machen klar, dass dieses Objekt nicht an unser Planetensystem gebunden ist. Deshalb ist es nicht wirklich ein Planetoid. 'Oumuamua kommt aus den weiten Fernen des Weltalls. Woher genau ist nicht anzugeben. 'Oumuamua kam aus einer Richtung, in der heute der Stern Wega zu sehen ist. Die Geschwindigkeit des Objekts und die Bewgung von Wega selber machen aber klar, dass Wega noch nicht an der Stelle war, als 'Oumuamua dort flog.
Eine weitere wichtige Frage ist, woher 'Oumuamua seine längliche Form hat, fast alle uns bekannten Objekte im Weltall sind rundlich. Die Forscher der Gruppe haben sich da schon Gedanken gemacht. Einer meinte, wenn in einer Kollision während der Entstehung eines Planetensystems zwei Körper mit noch flüssigem Kern einiges an Material herausspritze, würde das kühlen und ein langes Objekt bilden. Ein anderer meinte, vielleicht gibt es geeignete Prozesse während einer Supernovaexplosion. (c)
Vielleicht aber ist 'Oumuamua ein Stück Gestein, das nach einer kräftigen Kollision zweier weit entlegener felsartiger Monde oder kleinerer Brocken, oder nach dem Aufprall eines Kometen auf einer felsartigen Planetenoberfläche, freigeschlagen und flügge wurde. Dazu müsste es schon eine Geschwindigkeit bekommen haben, groß genug um die gravitative Wirkung des ursprünglichen planetaren Systems überwinden zu können.
Etwas zu Pan-STARRS
Pan-STARRs ist ein Projekt mit mehr als einem Teleskop aufgesetzt, um genau dies zu tun: das Aufdecken bewegender oder in Helligkeit variierender Objekte.
Quellen:
a: astronomy.com/news/2017/11/interstellar-interloper
b: blogs.esa.int/rocketscience/2017/10/28/galactic-object-esa-helps-spot-interstellar-visitor-a2017u1/
c: bbc.com/news/science-environment-42053634
e: eso.org/public/images/eso1737
g: gemini.edu/node/12729
h: ifa.hawaii.edu/info/press-releases/Oumuamua/
k: Harenberg Schlüsseldaten der Astronomie; 1996, Harenberg Verlag
n: Meech, K., et al. 2017, "A brief visit from a red and
extremely elongated interstellar asteroid", Nature, 20 November
p: en.wikipedia.org/wiki/Pan-STARRS
s: bonn-shutter.de
(2017.12.19) (Kästchen oben rechts: 2018.11.07) oumuamua.html (Originalfassung 2017.11.30)