Ein Blick ins Innere eines ausgebrannten Sterns

    Weltweiter Zusammenschluss von Teleskopen beobachtet ausgebrannten Stern

In den kommenden Wochen wird ein internationales Team von Astronomen um Professor Dr. Ulrich Heber von der Universität Erlangen-Nürnberg, darunter Wissenschaflter der Sternwarte Bonn, der Universitäten Erlangen-Nürnberg, Tübingen und Sydney (Australien), der europäischen Südsternwarte (Chile) und von Observatorien in Grossbrittanien, Spanien, Südafrika und den USA Beobachtungen mit mehr als fünfzehn Teleskopen über sechs Wochen auf der ganzen Welt durchführen, um Einblick in das Innere eines einzelnen Sternes zu gewinnen.

Im Sternbild "Schlange" befindet sich der veränderliche Stern V338 Ser, dessen Helligkeit im etwa acht minütigen Rhythmus schwankt. Es handelt es sich um einen sehr alten, ausgebrannten Stern, der seine äußeren Schichten verloren hat. Der Stern verhält sich wie eine Glocke, die angeschlagen wird und verschiedenste Schwingungen ("Töne") erzeugt. Diese ungewöhnliche Eigenschaft erlaubt es den Astrophysikern, ins Innere des Sterns zu schauen.

V338 Ser (PG1605+072)
V338 Ser (alias PG1605+072)

Mit wissenschaftlichen Methoden, wie sie auch in der Seismologie zur Erforschung des Erdinnern verwendet werden, lässt sich auch das Sterninnere sondieren. Während in der Seismologie Erdbeben oder von Menschenhand gezündete Explosionen die Erdkruste zum Schwingen bringen, nehmen Astronomen die natürlich vorkommenden Schwingungen zu Hilfe. Die Geschwindigkeit der Oberflächenbewegungen erlaubt Rückschlüsse auf die Dichtestruktur im Inneren, und jede Schwingung für sich "misst" dabei eine andere Region im Sterninnern aus.

Die nötigen Beobachtung sind sehr schwierig und erfordern sehr viel Telekopzeit, um die äußerst schwachen Signale zu messen und aufzulösen. Unterbrechungen im Tagesrhythmus, durch die störende Sonne am Himmel, können dazu führen, daß eine Interpretation dieser Signale unmöglich wird. Verwendet man jedoch mehrere, über den ganzen Erdball verteilte Teleskope, so geht der Stern für dieses "Gesamt"teleskop nie unter. Daher ist ein globaler Zusammenschluss von 15 Teleskopen weltweit organisiert worden, das "Multi-Site Spectroscopic Telescope".

Das "Multi-Site Spectroscopic Telescope" ist ein internationales Projekt unter der Leitung von Professor Dr. Ulrich Heber (Dr. Remeis- Sternwarte Bamberg der Universität Erlangen-Nürnberg). Innerhalb dieser Kollaboration betreuen Dr. Simon Jeffery (Armagh Observatory, Nordirland), Simon O'Toole (University of Sydney, Australien), und PD Dr. Stefan Dreizler (Universität Tübingen) jeweils eines von drei Teilprojekten - unterschiedliche Beobachtungstechniken, die simultan durchgeführt werden müssen.

Insbesondere kommt in diesem Projekt die in Bonn entwickelte 4-Farb-Kamera BUSCA (Bonn University Simultaneous CAmera) am 2.2m-Teleskop des Deutsch-Spanischen Observatoriums Calar Alto in Andalusien (Spanien) zum Einsatz. Mit dieser weltweit einzigartigen Kamera kann eine Beobachtung in vier Spektralbereichen von Ultraviolett bis zum nahen Infrarot simultan durchgeführt werden. Dies gibt die Möglichkeit, in rascher Zeitfolge die spektrale Energieverteilung des Sternlichtes sehr genau zu bestimmen. Damit können die in der Atmosphäre dieses Sterns auftretenden schnellen kleinen Temperaturänderungen direkt abgeleitet werden.

BUSCA am 2.2m-Teleskop am Calar Alto (Spanien)
BUSCA am 2.2m-Teleskop am Calar Alto (Spanien)

Der Zusammenschluss umfasst mehr als fünfzehn Teleskope mit Durchmessern von einem bis vier Metern, die sich in über sieben Ländern rund um dem Globus, darunter Australien, China, Südafrika, Italien, Spanien, Chile und den USA befinden. Die Gruppe von Astronomen, mehr als zwei Dutzend Forscher, wird messen, wieviel Licht der Stern insgesamt ausstrahlt und mit welcher Geschwindigkeit sich seine Oberfläche hin- und herbewegt.

Ähnliche weltweite Messkampagnen sind zwar schon öfter erfolgreich organisiert worden. Das "Multi-Site Spectroscopic Telescope" bringt jedoch zum ersten Mal für einen anderen Stern als der Sonne Messungen der Lichtvariationen und der Oberflächengeschwindigkeiten zusammen. Darüber hinaus können viel aussagekräftigere Schlüsse gezogen werden als aus es Lichtvariationen allein möglich wäre.

Ulrich Heber erklärt dazu: "Dieses Projekt gibt uns die bisher beste Gelegenheit, die Schwingungen eines alten, ausgebrannten Stern präzise zu messen und seismologisch auszuwerten. Es gibt uns eine einzigartige Möglichkeit, unsere Vorstellungen über das Innere ausgebrannter Sterne zu überprüfen - Überraschungen sind nicht ausgeschlossen."

Die ersten Teleskope haben am Dienstag, den 14. Mai mit den Beobachtungen begonnen. Die Kampagne wird noch bis zum 24. Juni andauern.

Kontakt zu BUSCA:

Dipl.-Phys. Oliver-Mark Cordes, Dr. Klaus Reif
Sternwarte der Universität Bonn
Auf dem Hügel 71
D-53121 Bonn


Kontakt zu MSST:

Prof. Dr. Uli Heber
Dr. Remeis-Sternwarte
Sternwartstrasse 7
D-96049 Bamberg


Pressemitteilung der Universität Bonn (03.06.2002)

Last update : 2002.05.31
Oliver Cordes (E-Mail: ocordes@astro.uni-bonn.de)