Henrick/Heinrich zog (offenbar) 1538 mit seinen Eltern
mit nach Crottorf.
In den Urkunden wird der Name meist als Selbach buchstabiert,
mit nur einem "e". Die moderne Form ist Seelbach.
Heinrich ehelichte 1541 Johanna von Hatzfeld-Weisweiler.
Sie war die Tochter von Johann von Hatzfeld (+1522) und Johanna von Harff,
Besitzer der
Burg Weisweiler
weshalb man Hatzfeld-(Wildenburg)-Weisweiler genannt wurde.
Als Mitgift bekam Heinrich (siehe Vaters Testament von 1561)
das Gut Klarenbeck bei Cleve.
Das Gut Clarenbeck(e)/Klarenbeck
1438. Herzog Adolf I von Cleve übereignet seinem
ausserehelichen Sohn Johann von Cleve Blankenstein und Jutta von Apeltern
das Gut Clarenbeck
als Mitgift (NRW).
"Claerbeeck" auf der Karte "Tractus Rheni et Mosae" (Blaeu 1645).
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1474.
Johan II von Cleve übereignet den Töchtern
Maria und Margarete
von Johann von Cleve genannt Blankenstein (Mumm "zu Rodentorn"),
ausserehelicher Sohn von Adolf I von Cleve,
das Gut Clarenbeck
(AB: NL-HNA 1.10.14.II.I.A.2.b.218,p1.)
1492.
Margarete heiratet.
Ihr wird von ihrer Schwester Maria und Ehemann Dereck Smullinck
das Gut Clarenbeck aus dem gemeinschaftlichen väterlichen
Erbe übereignet mit dem halben Wert in Geld als Gegenleistung.
1496 erlassen Dereck und Maria der Margarete die 700 Rheinische Gulden
des halben Werts (AB: NL-HNA 1.10.14.II.I.A.2.b.218).
1535.
Margarete starb kinderlos.
Ihre Erben, die Brüder Goessen Smullinck (mit seiner Frau Wendela)
und Johan Smullinck übertragen
das Gut Clarenbeck ihren Schwester Judith Smullinck,
Gattin von Johan von Selbach
(AB: NL-HNA 1.10.14.II.I.A.2.b.218, reg.104).
1541.
Heinrich von Selbach, Sohn von Johan von Selbach und Judith Smullinck,
heiratet Johanna von Hatzfeld-Weisweiler.
Sie bekommen das
Nutzrecht
vom Gut Clarenbeck.
1561.
Heinrich stirbt (seine Frau in 1565).
1563. Judith von Selbach, ihrer Tochter,
bekommt Gut Clarenbeck nach Ableben
von Johan von Selbach, Judith Großvater, definitiv.
1566. Judith,
Tochter von Heinrich von Selbach und Johanna von Hatzfeld,
ehelicht Johann von Lützerath.
Das Gut bleibt noch Jahrhunderte bei den von Lützeraths.
Aus Wikipedia, Klarenbeck:
Haus Klarenbeck war ein Rittersitz beim Dorf Nütterden in der
Gemeinde Kranenburg, Kreis Kleve.
Im 15. Jht gelangte die Anlage an die klevische Seitenlinie
Blanckenstein.
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1545-47 gab es ein Briefwechsel von Henrick mit
Graf Jörg von Limburg, Bronckhorst, Styrum und Wisch wegen
Güter zu Kekerdom und Leuth (NW von Klarenbeck) im Herzogtum Cleve.
Diese Güter hatte Johan von Selbach 1527 von Johan van Wisch gekauft.
1578-1598 wurden (von den Vormünden der Enkel von Johann von Lützerath)
Prozesse in aufeinanderfolgenden Instanzen in Cleve geführt.
1604 landete die Sache beim Reichskammergericht.
Letztendlich handelte es sich um "650 Sonnenkronen" mit einem
Erb-Kaufvertrag aus 1461 zwischen Dietrich Herr von Wisch
und Willem van den Bergh als Grundlage
(1598, NRW, AA 0627 Reichskammergericht,
AZ.L953/3278).
Heinrich kauft 1547 ein Gut bei Frasselt,
einige km südöstlich von Cranenborch (siehe Karte)
im Herzogtum Cleve von Johan Schulpin; die Bezahlung wird 1550 geregelt
(Archiv Bijlandt; Regest 133).
Dieser Kauf hat sicher eine Verbindung mit dem Gut Klarenbeck, das ihm
bei seiner Hochzeit 1541 zur Verfügung gestellt wurde.
Das Ehepar bekam nur ein Kind, die Tochter Judith (JF, p.94).
Ihr Geburtsjahr ist nicht bekannt.
Sie wurde nach ihrer (wohl gerade verstorbenen) Großmutter
väterlicherseits, Judith Smullinck, genannt.
Heinrich blieb, wie vereinbart, nach seiner Hochzeit 1541
mit seiner Frau in Crottorf.
Seine Mutter Judith starb vor 1542.
Sein Vater Johan wurde vom Grafen von Nassau zum Kommandanten des
nassauischen Kontingent für den Türkenkrieg ernannt.
Heinrich führte in der Zeit in Johans Vertretung
die Geschäfte auf Crottorf weiter.
1545 wird er als Heinrich von Selbach zu Clarenbek erwähnt
(NRW Schönstein, Nr.1097).
1550 war er Zeuge in einem Mietstreit des Joachim van Wisch in Gelre
(Gelders Archief, 0001, Toeg. 2003 ORA Arnhem, Inv. 394, Nr. 193,
12-06-1550).
Als Vater Johan Oktober 1561 sein Testament erstellte,
gab er darin eine Aufzählung der vielen Gelder, die Heinrich,
zum Teil ohne des Vaters Wissen, geliehen hatte, Schulden die der Vater
begleichen muste.
Die Gelder/Schulden wurden deswegen dem Erbe von
Johans Enkelin (Henrich war gerade gestorben) zugerechnet.
Heinrich starb 1561, Johanna 1565.
Judith von Selbach (~1543 - 1591)
Judith heiratet Johann von Lützerath/Lützerode.
Johanns Eltern waren Johann von Lützerode zu Vorst
(von Haus Vorst1), eine Wasserburg am Frechener Bach bei Frechen,
westlich von Köln)
und Margaretha von Gymnich.
1528 war dessen Vater Johann von Lützenrath
vom Erzbischof zu Cöln mit Haus Vorst belehnt worden
(Chronik der Stadt Frechen = CSF, 1528).
Dieser Johann war 1529 Drost zu Schönstein (NRW, Urkunde
Nr.935)
und hatte 1536 Schloss und Amt Schönstein an der Sieg als Pfand
(Ehevertrag Nr.993
und Urkunde
Nr.1268).
Johann und Margarethe heirateten 1536.
Als Mitgift (siehe NRW, Schönstein, Ehevertrag,
Nr.993)
seiner Eltern bekamen sie Haus, Hof und Gut zum Vorst,
die Güter zu Gönnersdorf, Brauweiler, Brühl,
Buir, und Boisdorf sowie Weingüter zu Hersel und Ursel.
Desweiteren wurden ihm die Einnahmen aus den Gütern zu oder bei
Aachen, Frechen, Bell, Köningsdorf, Brauweiler, Oefte bei
Jülich und Thorr bei Bergheim in Aussicht gestellt.
Von Seiten ihrer Eltern werden 3000 Goldfl. gegeben in Form einer Urkunde,
die unmittelbar nach ihrem ersten Beilager überreicht werden soll.
Auch hat Margarthes Vater seine Tochter dem Adel angemessen mit Kleidung und
Leibschmuck auszustatten.
Mit diesen Regelungen verzichtet Margarthe zugunsten ihrer vier Brüder
auf weiteres eventuell anfallendes Erbgut.
Sie hatten zwei Kinder (Nr.1268):
Johann, und Albrecht (der vor 1566 starb; NRW, Schönstein, Nr.1402).
Vater Johann starb vor 1547 und Margarethe heiratete
vor 1549 (siehe NRW, Kurköln, Nr.4387, und Schönstein
Nr.1402)
Dame/Daem Spies/Spyess von Büllesheim, Witwer von Margaretha Quadt.
Daem war Herr auf der (Spies-)Burg in Frechen (CSF, 1543).
Das Pfandrecht zu Schönstein war 1549 auf Bernhard von Nassau
(siehe NRW Schönstein
Nr.1268)
übergegangen, aber 1557 bekam Daem es.
Daehm und Frau dürfen sicht aber nicht
von der katholischen Religion absondern.
Die Familie von Daem und Margarethe mit den Vorkindern
wohnten zu Schönstein bei Wissen an der Sieg.
Da Schönstein in fast in allen Teilen (vast allentbalb)
baufällig ist, soll er nach Absprache
in bauliche Verbesserungen investieren.
Daem starb kurz vor 1563.
Margarethe Witwe Spiess lieh 1563 die große Summe van
9000 Goldgulden an Heinrich Graf von Sayn (NRW, Urkunden,
Schloss Schönstein, Linie Werther, 2.1.5.2.3.1.4, Nr.2526).
[ Der Wert ist nicht genau zu ermittlen,
liegt aber grob bei einer halben Million Euro 2016.]
Tochter Margarethe aus Daems erster Ehe heiratete 1565
Adrian von Syburgh zum Busche,
Tochter Agnes Spieß heiratete 1580
Johann Schall von Bell zu Morenhoven (von Burg Morenhoven bei Bonn).
Margarethe führte offenbar viele Geschäfte selbständig fort.
1588 steht in einer Urkunde
(NRW, Schönstein, 2.1.2.7.33, von Spies, Nr.4803):
Ausstehende Forderungen und Schulden der Margarethe von Gymnich,
Witwe von Spies et cetera, Amtmännin zu Schönstein.
Sie ist also 1588 gestorben.
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Johann von Lützenrath wurde ca. 1537 geboren.
Nach seiner Jugend in Frechen zog er um 1557 mit seiner Mutter
und Stiefvater an die Sieg auf Burg Schönstein bei Wissen.
1561 wurde er als Nachfolger von Johann von Nesselrode
zum Amtmann auf Windeck an der Sieg bestellt
(wikipedia Windeck).
Er blieb im Amt bis 1586.
In einer Urkunde
von 1563
wird sein Name als "Johann von Luxenraidt" geschrieben.
Johan von Selbach hatte dort 1542-1549 als Amtmann/Drost amtiert
und so hatte Henrick wohl Judith kennen gelernt.
In einer Urkunde im AB, von 1559,
erkennen die Vormünder von Tochter Judith an,
eine Schuld zu haben und sie geben das Gut zu Klarenbeck
(im Besitz der Eltern, aber noch nicht endgültig) als Sicherheit
(NL-HaNA, Bylandt, van, 1.10.14.II.I.A.2.b.219).
Judiths Eheman Johann von Lützerath nimmt diese Schuld
später (1567?) auf sich.
[ Weshalb hat Judith "Vormünder"?
Ihre Eltern lebten 1559 noch.
Vielleicht ist die Zusammenfassung der Urkunde zu knapp. ]
Johann und Judith heirateten 1561 (siehe NRW Schönstein, Urkunden,
Nr.1402).
Judith hat als Mitgift von ihrem Vater und Großvater
die Nutzrechte des Gut Klarenbeck im Herzogtum Cleve bekommen.
Nach Henricks Tod 1561 hatte Judith die Nutzrechte von Klarenbeck noch inne.
Als dann ihr Großvater 1563 starb, erbte Judith das Gut endgültig.
Judiths Mutter Johanna starb 1565.
Judith erhob im Erbstreit mit ihren Tanten
Maria von Selbach (x Johan van Münster) zu Loppersum, Niederlande,
und Catharina von Selbach-Crottorf (x Wilhelm von Hatzfeld) zu Crottorf,
weitere Ansprüche (JF p.94).
Sie liess sich beim Rechtsstreit (wie gebräuchlich) von ihrem Ehemann,
Johann von Lützerath, vertreten.
[ Judith war ähnlich alt wie ihre Tante Catharina,
die Tochter aus der zweiten Ehe von Johann von Selbach. ]
Ein Teil der Erbstreitigkeiten wurde am 29.09.1567
am Reichskammergericht zu Speyer beigelegt.
Wilhelm von Hatzfeld erklärte sich bereit, die Erbansprüche
der Judith von Selbach mit 4.500 Goldgulden abzufinden.
Andere Teile des Rechtsstreits (ohne Judith) wurden erst 1574 geregelt.
Erbstreit 1567 (Transskription;
NRW Archiv)
Die Streitigkeiten zwischen Johann von Lützeroth zu Forst als
Vertreter seiner Frau Judith, Tochter des gestorbenen Heinrich von
Selbach, auf der einen Seite und Wilhelm von Hatzfeld, Herrn zu
Wildenburg, zu Krottorf als Vertreter seiner Frau Katharina, Tochter
des gestorbenen Johann von Selbach zu Krottorf (Krutdorff),
auf der anderen Seite waren wegen Forderungen entstanden, die Johann
gegenüber Wilhelm wegen der durch den gestorbenen Johann von
Selbach, den Großvater (altvatter) seiner Frau,
hinterlassenen Güter erhoben hatte.
[Dann geht es zum Reichskammergericht und eine Slichtung wird herbeigeführt:]
Wilhelm zahlt an Johann 4500
Goldfl. in Gold wegen allen Forderungen, die dieser wegen der
Güter zu haben glaubt, die der Großvater seiner Frau
hinterlassen hat. Da Wilhelm diesen Betrag nicht in bar zahlen kann,
stellt er Johann eine Pfandverschreibung über 5000
Goldfl. sowie über 250 Goldfl. Pension aus, die zur Sicherung
der 5000 Goldfl. jeweils Mai 3 bei Wilhelm Herzog zu Jülich,
Kleve und Berg auf dem Amt Windeck fällig sein soll. Da die
Verschreibung um 500 Goldfl. höher ist als der Johann durch
diesen Vertrag zugebilligte Betrag, verspricht Johann, die 500
fl. an Wilhelm folgendermaßen zu erstatten: je 250 fl. im
kommenden Jahr 1568 an Mai 1 sowie ein Jahr danach zum gleichen
Termin. Wilhelm verzichtet seinerseits als Inhaber der
Hauptverschreibung auf die am letzten Walpurgistag (Mai 1) wegen der
5000 Goldfl. fällig gewesene Pension, sodaß Johann diese
kommenden Mai 3 ohne Behinderung durch ihn erheben kann. Beide
Seiten können fortan die Häuser und Güter
einschließlich Zubehör nutznießen, die ihnen durch
ihren Großvater und Schwiegervater Johann von Selbach
übergeben wurden, wie sie diese bereits bisher in Gebrauch
hatten. Das durch Johann von Selbach zu Krottorf errichtete
Testament bleibt in Kraft; es wird durch diesen Vertrag nicht
beeinträchtigt. Die Forderung Johanns und seiner Frau sind mit
der Zahlung der 5000 Goldfl. sowie mit Haus Klarenbeck und den
zugehörigen Gütern, die ihrem Schwiegervater und Vater
Heinrich übergeben wurden, abgegolten; sie stellen an Wilhelm
und seine Frau dieserhalb keine weiteren Forderungen. Entsprechend
sind Wilhelm und seine Frau mit Haus Krottorf und den
zugehörigen Gütern sowie mit dem, was ihnen kraft
Testament ihres Schwiegervaters und Vaters zugestellt wurde,
zufrieden gestellt. Die Streitigkeiten zwischen beiden Seiten sind
damit beigelegt. Beide Seiten verpflichten sich vor den
Schiedsleuten durch Handschlag auf den Vertrag. Judith und
Katharina, die beide geb. von Selbach sind, verzichten
gegenüber dem im Einvernehmen mit ihnen geschlossenen Vertrag
auf jeden Rechtsbehelf.
- Unterschriften von Judith von Selbach sowie von Katharina
(Catharina) von Selbach.
- Siegler: Johann von Lützeroth zu Forst, Wilhelm von Hatzfeld,
Herr zu Wildenburg zu Krottorf, die Schiedsleute.
- Am tag Michaelis, Wilbrech[t]. (1567 September 29)
Enthält: Ausf., Perg., Sg. 1-3, 5, 6 besch., 4 ab. - Rv.: Hierin cidirt Wilhelm von Hatzfeld wegen des von Lützenradt an ihme uxorio nomine wegen Judith von Selbach, Johannen, deß marschalß, enckell und Henrichß dochter, so gemachter praetensionen ihme in solutum ein capitall ad 5000 ggl. ahn Wilhelmen hertzogen zu Gulich etc. etc. Diese ist aintzige dochter gewesen und mit ihrem vatter Henrichen diese Selbachische linie außgestorben (17. Jh.)
|
Am Ende des Erbstreits werden Bezahlungen auf das Amt in Windeck
vereinbart, also in Johanns Amtshaus.
1566 wurde zwischen Johann und Judith einerseits und
seiner zum zweiten Male verwitweten Mutter Margarethe von Gymnich andererseits
verhandelt über die Verteilung von Gütern wegen
der notwendigen Einkünfte zum Unterhalt von Mutter Margarethe,
die auf Schönstein wohnte (siehe NRW Schönstein, Urkunde
Nr.1402).
Johann und Judith bekommen mehrere Güter
(im Rheinland) und Renten zugebilligt.
1572 fiel Wilhelm von Nassau, Statthalter von Holland,
mit seinen in seiner Heimat Dillenburg versammelten Soldaten
in die von Spanien kontrollierten Niederlande ein.
Hermann von Weinsberg, Weinhändler in Cöln,
berichtete in seinem Tagebuch, dass
Wilhelm, Graf von Nassau und Prinz von Oranien
mit einem ansehnlichen riesigen Zug und ettlichen tausend Fussvolks,
auch mit großem Geschütz von Dillenburg durch das Bergische Land
gezogen, in der Gegend von Ürdingen über den Rhein gekommen...
(Häßlin, p.393),
um das südliche Gelre anzugreifen.
Wilhelms Heer muss durch das Siegtal gekommen sein.
Vielleicht wurden die Truppen auch in Schönstein versorgt.
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1568 verkaufen Johann und Judith den Reuffershof zu Glessen
(NRW-3.2.7.G Stadt Köln),
ein Dorf 10 km NW von Frechen und 15 km WNW von Haus Vorst.
Es gibt auch eine Urkunde aus 1574 wegen dem Verkauf des
gleichen Hof zu Glessen,
ein Hof das in Teilen lehnsabhängig vom Abt von
Kornelimüster (Kloster 10 km SO von Aachen) ist
(NRW-1.3.2.3-AA0608-Pfaffendorf).
Johann und Judith wohnten in Wissen an der Sieg.
Vor der Brücke stand das Haus genannt "Lützerader Hof"
(NRW, Schönstein,
2.2.01.07.2.1.63.1).
Im Jahr 1577 taucht Johann in mehreren Urkunden in Verbindung mit der
Familie von Hatzfeld auf.
Er wird zum Testamentsvollstrecker ernannt von
Ludwig von Hatzfeld (NRW, Schönstein, Urkunde Nr.1627; Ludwig
war verheiratet mit einer Judith Schmolling) und von
Werner von Hatzfeld (NRW, Schönstein, Nr.1669).
Auch schlichtete er einen Streit zwischen zwei Brüdern von Hatzfeld
(NRW, Schönstein, Nr.1664).
In der "Chronik der Stadt Frechen" (CSF)
werden Johann und Judith auch erwähnt.
1580: Johann von Lützerath jun. bekommt das Haus Vorst als Lehen
[vom Churfürsten von Cöln].
Sein Vater ist daher wohl schon gestorben.
Haus Vorst befand sich an der Straße von Frechen
nach Köln1).
Gebhard Truchsess von Waldburg, Fürst-Bisschof von Chur-Cöln,
entschied sich 1583, zum Protestantismus zu wechseln.
Wegen der Bedeutung von Chur-Cöln im Deutschen Reich und für
die Kirche rief dies Gegenkräfte hervor, die zum
Truchsessischen Krieg
(1583-1589) führten.
Die verschiedene Religionen bekriegten einander.
Pfälzische (calvinistisch), Bayrische (katholisch),
Spanische (katholisch), Niederländische (calvinistisch)
sowie von Truchsess bezahlte Heere
waren im Rheinland zu gange (Niederländer hielten Bonn,
den Sitz des Churfürsten, über 10 Monate besetzt).
Gebhard Truchsess flüchtete zum Schluss in die Niederlande.
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1583: Pfälzische Truppen
plündern Frechen; sie zünden die Kirche St. Audomar an,
rauben die Burgen zu Frechen, Bachem, Hemmerich und Vogtsbell
aus (CSF, 1583). Wohl auch Haus Vorst.
Am 20. August 1583 zog der rheinische Pfalzgraf Johann Casimir
mit 7000 deutschen, lothringischen und französischen Soldaten
durch das Amt Windeck.
Am 1. Januar 1584 zogen Eitel Heinrich von Braunschweig und
Ludtwich Stumpf mit 5000 Soldaten durch Windeck
(wikipedia Windeck).
1589 gab Chur-Cöln Schloss Schönstein zu Wissen
Herman von Hatzfeld-Werther wegen seiner großen Verdienste
um Chur-Cöln in dem Truchsessischen Krieg als Lehen.
Grabstein 1591 von Johann von Lützenradt zu Vorst und
Judith von Selbach. Kirche St Audomar, Frechen, NRW.
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Nach Johanns Tod 1588 (er war etwas älter als 50 Jahre)
bekam die Witwe Judith von Selbach Haus Vorst als Lehen vom Cölner
Erzbischof Ernst, Herzog von Bayern (CSF).
Judith regelte Januar 1589 noch die Schuld der Großeltern
Lützerath in der Höhe von 300 Goldgulden an die Vikarie zu Wissen
(NRW, Schloss Schönstein,
Nr.1802).
Judith starb 23. Januar 1591, im Alter von fast 50 Jahren.
Sie wurde auch in der wiederhergerichteten Kirche St. Audomar
zu Frechen beigesetzt.
Der Grabstein blieb über die Jahrhunderte,
trotz mehrfachen Umbaus der Kirche, erhalten.
Er ist allerdings gebrochen und
wurde beim letzten Kirchenumbau in eine Wand der Fatimakapelle eingefügt.
In der Mitte des Grabsteins sind die Wappen von Johann und Judith
angebracht, über dem Text.
Der Stein ist an der Stelle des Wappens von Judith durchgebrochen,
das Wappen aber noch gut erkennbar.
Es ist das gleiche Wappen wie das ihres Großvaters Johann von Selbach.
Johann von Lützenradts Wappen
enthält auch drei Rauten in einer Schräge,
gespiegelt im Vergleich zum alten Selbach-Wappen.
Das Wappen derer von Lützenradt ist, laut Ritt p.350,
wohl rot mit silbernen Rauten.
Oben auf dem Grabstein sind links und rechts
je zwei weitere Wappen abgebildet (L1, L2 und R1, R2).
Es sind offenbar die der vier Großmütter.
[ Judiths Tanten haben die Wappen aller 16 Quartiere auf
deren Grabsteine.]
Der in die Fatima-Kappelle angebrachte Stein wurde
aus übergebliebenen Bruchstücke zusamengestelt.
Die Oberkante scheint unvollständig,
die Verzierung um die Wappen Johann und Judith endet mangelhaft.
Vermutlich fehlt der obere Rand des Steins, mit den Wappen der
Großväter:
Johann von Lützenrath, Adolf von Gymnich,
Johan von Selbach,
Johann von Hatzfeld-Weisweiler
L1: von Hall 2)
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L2: Hochsteden
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R1: Smullinck
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R2: von Harff
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Anna, Großmutter von Johann
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Maria, Großmutter von Johann
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Judith, Großmutter von Judith
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Johanna, Großmutter von Judith
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Der Text auf dem Grabmal lautet
(siehe Foto):
der Edell und Ernvest Johan von Lützenradt zu Vorst
Bergisch Ambtma[n] zu Windecken •
Aº 1591 de[n] 23 Januarii starb die Edle und
Eintugendreiche Fraw Jutih Jutih gebor[ne] vo[n] Selbach
ob[igen] Ambtmas [[hausfr?]] den Selen Gott genade
Die oben in [ ] geschriebenen Buchstaben ersetzen das ¯-Zeichen
auf dem Stein. [[ ]] gibt einen Versuch zur Deutung der
an der Stelle kaum entzifferbaren Buchstaben.
Kinder von Johann und Judith u.a.:
Maria (x von Hochsteden; NRW-AA0627-115.05.09, Nr.5904; 1615);
Reinhard, Agnes, und Franziska sind noch minderjärig 1597
(siehe NRW, Reichsk.ger.
3547);
Reinhard (x Margaretha von Rollshausen zu Bœttgenbach;
Rheinhard starb vor 1626).
Vormünder der Kinder waren: Heinrich von Hatzfeld, Adolf von Gymnich,
und Philipp Rost von Wers (1593, NRW, Schönstein, Urkunde
Nr.1862).
Im dem Jahr (1593; Nr.1862) verkauften die Vormünde
das Haus vor der Pforte
sowie den in der Nähe gelegenen Pferdestall gegenüber dem
neuen Burgsitz der Kinder an Herman von Hatzfeld (der seit 1589 Schloss
Schönstein als Pfand hatte), um Bertram von Bellinghausen für
seine Dienste bezahlen zu können.
1597 wohnen die minderjärige Kinder Reinhard, Agnes und Franziska
auf Haus Vorst.
Die Familie von Lützerath wird Klarenbeck über viele Jahre
vom Herzog von Cleve als Lehen haben:
Johann von Lützerath 1596,
Christoffel von Lützerath 1633,
Johann Reinhard von Lützerath 1654,
Margaretha Odilia von Lützerath 1667, 1672
(AB, 1.10.14, II.I.A.2.c Nr.220).
1) Das Gut
Haus Vorst
(https://de.wikipedia.org/wiki/Rittergut_Haus_Vorst)
bei Frechen existiert noch, es liegt eingeengt zwischen A1, B264 und Eisenbahn.
Siehe auch Klarenbeck
(https://de.wikipedia.org/wiki/Haus_Klarenbeck); es ist
nahezu ganz verschwunden.
2) Padberg Evenboer, K., "Grafsteen in de
St. Audomar te Frechen. een raadsel opgelost"; Blazoen, 5e
jaargang, nr. 4, 2019.
Quellen:
Klaas Padberg Evenboer gilt Dank für einige wertvollen Hinweise.
AB = Nationaal Archief, Den Haag, Collectie Familie Van Bylandt, 1277-1898.
CSF = "Chronik der Stadt Frechen";
1967, T. Ostermann, Frechener Geschichtsverein eV.
Häßlin, J.J., 1980. "Das Buch Weinsberg"; Bachem Verlag
JF = Friedhoff, J., 2004. "Die Familie von Hatzfeldt"
(Grupello Verlag);
p.94: Daten zu Judiths Ehe und Beteiligung am Rechtsstreit.
NRW = digitale Archive NRW
(Nordrhein Westfalen)
Ritt =
"Der Ritterbürtige Landständische Adel des
Großherzogthums Niederrhein, dargestellt in Wappen und
Abstammungen": Band 2, 1818
Wappenwiki.org für alte Familienwappen:
Armorial Gelre
(permission for use: creative commons)
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