Oft gehörte aber falsche Aussagen
Im Laufe der Jahre sind mir
(insbesondere in Verbindung mit den Astronomieprüfungen am
Anfang des Studiums) einige regelmäßig wiederkehrende
falsche Aussagen aufgefallen.
Aber vorweg schon mal dies:
Überlegen Sie sich bei einer Erläuterung immer
die Wahl des zu benutzenden Verbs.
Meinen Sie:
sehen, messen, berechnen, ablesen, bestimmen, herleiten,
finden, abschätzen??
Überlegen Sie, wie genau man die Aktivität angeben kann.
Die Temperatur eines/des Sterns ist .....
Diese Formulierung ist missverständlich! Geben Sie immer an:
"Oberflächentemperatur" oder "Teff"
oder "Zentraltemperatur" oder ....
Die Temperatur eines Sterns messen...
Nein, man kann die Oberflächentemperatur eines Sterns nicht
messen,
sondern sie nur aus gewissen Messungen (z.B. Farbfotometrie, Spektroskopie)
ableiten.
Mit welchen Methoden?
B-V ist die Differenz zweier Intensitäten
Nein!
Leider ist die Astronomie bei der Benutzung des Begriffs
"Helligkeit" etwas schlampig.
Mit "Helligkeit" kann sowohl Intensität
als auch Magnitude gemeint sein.
Vertauschen Sie diese Begriffe aber nicht!
Daher: B-V ist die Differenz zweier Magnituden
(schlampig: Helligkeiten), oder
ist das logarithmische Verhältnis zweier Intensitäten.
MV und/oder Entfernung eines Sterns aus B−V
Die absolute Helligkeit kann i.a. nicht aus B−V abgeleitet
werden, da eben B−V nicht eindeutig mit MV oder
der Leuchtkraft korreliert.
Denken Sie an Rote Riesen und untere Hauptreihe,
an obere Hauptreihe und Weisse Zwerge!
Entfernung aus dem Entfernungsmodul
Na ja, nur halbwegs OK.
Die Formel mit Entfernungsmodul ist nur eine Rechenvorschrift.
Wenn es um die Methode geht,
so ist die Frage wie man zu MV kommt.
Es geht daher um die Entfernungsbestimmung mit Hilfe der Spektroskopie,
oder die Entfernungsbestimmung mit Hilfe des FHD, oder....
Hauptreihe nach links oben heller wegen Masse
Die Hauptreihe soll nach links oben im HRD heller sein
wegen der größeren
Masse der Sterne dort.
Nein, FHD (MV,B−V)
und HRD (MV,Sp.T.)
zeigen nur Parameter der Sternoberfläche.
Es sind eben die Parameter R und Teff,
die die Position der Sterne im HRD/FHD bestimmen.
Es verbirgt sich dahinter schon die Masse,
die irgendwie die Leuchtkraft liefert.
Die Masse ist aber in den beobachteten Parametern des HRD/FHD nicht sichtbar!
Und wie nun hängt die Lage eines Sterns von
R und T ab? (Es ist nicht wie T4!)
Die Leuchtkraft wird von der Sternoberfläche bestimmt
Nein und ja.
Ja, da L=4πR2σTeff4.
Aber doch eher nein,
da die Leuchtkraft durch die Menge der Kernfusion bestimmt wird.
Die Logik ist: Energieproduktion ---> L --->
4πR2σTeff4
und die Oberfläche muss das Leuchtkraftangebot bewältigen.
Sterne entwickeln sich entlang der Hauptreihe
Leider hört man dies noch zu oft.
Sterne entwickeln sich so, dass deren Entwicklungsweg im HRD
weg von der Hauptreihe geht und zwar nach rechts-oben.
Um 1900 dachte man,
Sterne entwickeln sich entlang der Hauptreihe nach unten,
Mitte des 20.Jh entlang der Hauptreihe nach oben.
Dies zu verstehen, erfordert Kenntnis der Geschichte der Astronomie.
Rotverschiebung oder Dopplerverschiebung
= Die Rotverschiebung ist ein kosmologisches Phänomen,
das nichts mit Geschwindigkeit zu tun hat.
Diese Rotverschiebung wird durch die Ausdehnung des Universums
verursacht.
(Ja, sie wird durch eine Verschiebung der Spektrallinien gemessen).
= Geschwindigkeiten (radialer Art) liefern eine Dopplerverschiebung
der Spektrallinien in einem Spektrum (schon, zum roten oder zum blauen hin).
Sie wird eben mit Dopplerverschiebung angedeutet
(dies heisst nicht Rotverschiebung).
Beide Begriffe solllen nicht vermischt
oder verwechselt werden!
Entfernung eines galaktischen Sterns aus Rotverschiebung??
Noch einmal, die Rotverschiebung ist ein kosmologisches Phänomen.
Die Entfernung eines galaktischen Sterns kann nicht
aus seiner Rotverschiebung abgeleitet werden, auch nicht wenn man wüsste,
dass die Spektralverschiebung nur durch Geschwindigkeit verursacht wird.
Überlegen Sie mal, wie groß der Bereich der in der Galaxis
beobachtbaren Radialgeschwindigkeiten ist
(und was dies bedeuten würde, wenn man die Hubble-Konstante anwendet).
Die Entfernung eines galaktischen Sterns kann nur dann
aus seiner Geschwindigkeit abgeleitet werden, wenn Sie ein sehr gutes Modell
für das Rotationsverhalten der Galaxis haben;
es ist dann aber eine modellabhängige, indirekt bestimmte Entfernung.
Entfernung von Galaxien aus Rotverschiebung!
Ja, das ist OK. Aber, wenn man die Galaxien zur Bestimmung
der Ausdehnung des Universums heranzieht, dann gibt es ein Kreisschluss.
Für diesen Zweck sind unabhängige Methoden zur
Entfernungsbestimmung
(Tully-Fischer, Faber-Jackson, SN Ia, usw) gefragt.
Entfernungsbestimmung mit der Entfernungsleiter
Leider nein, mit einer Leiter kann man keine Entfernungen bestimmen,
es sei denn man schiebt die Leiter aus.
"Entfernungsleiter" nennt man die Sequenz der eichbaren Objekte
mit der Beschreibung der Methode zur Eichung eines jeden Objekttyps.
Siehe dazu auch bei Entfernungsbestimmung.
www.astro.uni-bonn.de/~deboer/eida/eida-falsch.html
KSdB, 2004.06.17 Immer wieder kleine Anpassungen. Letzte
Fassung 2017.11.26