Kollisionen im Planetensystem
Klaas S. de Boer
Argelander-Institut für Astronomie,
Universität Bonn
Unser Planetensystem enthält eine Fülle an großen und kleinen Objekten. Gelegentlich bewegen sich kleine Objekte in die Nähe von Planeten, nur selten kommt es zu Kollisionen. Hier soll Grundwissen über solche Tatsachen vorgestellt werden. Solches Wissen ist auch Voraussetzung, Zeitungsberichte und Unheilsgeschichten deuten zu können.
Definitionen Bahnen Sternschnuppen Schwärme Einschlagkrater Einschläge auf Jupiter Kometen stürzen auf Sonne Einschlagsrate
Planetoiden oder Asteroiden (manchmal auch Kleinstplaneten genannt) sind kleine gesteinige oder metallische Objekte, die auch selbständig um die Sonne kreisen, hauptsächlich in Bahnen zwischen Mars und Jupiter, manche auch in lang gezogenen elliptischen Bahnen. Der erste wurde 1801 von Piazzi entdeckt, der das Objekt Ceres nannte. Viele weitere Entdeckungen folgten. Die Namen werden von den Entdeckern vorgeschlagen. Siehe dazu (z.B.) Entdeckung von 13028 Klaustschira. Planetoiden sind wohl Bruchstücke eines in der Frühphase des Planetensystems zerstörten Planeten.
Kometen sind feste Objekte, vorwiegend aus Eis (gefrorene leichte Moleküle) und aus gesteinigem Material. Wenn Kometen in Sonnennähe kommen, werden sie an der Oberfläche aufgewärmt, Material verdunstet, dieses Material wird angeleuchtet durch die Sonne, so dass es Licht reflektiert und wir daher das Material sehen können. Da der Komet sich fort bewegt und da die Sonne mit ihrem Sonnenwind das verdunstete Material wegbläst, wird das Material schweifartig in Richtung weg von der Sonne verbreitet. Siehe auch bei Kometen.
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Meteor ist die Benennung eines Asteroiden, der in die Erdatmosphäre eindringt und dort verglüht. Solche Objekte müssen aber nicht ganz verglühen und die Reste landen dann auf der Erdoberfläche. Werden solche Reste aufgelesen, so werden sie Meteoriten genannt. Siehe auch Meteore.
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Kometen und Asteroiden können Bahnen haben, die sie in Erd- oder Sonnennähe bringen. Damit sind dies die Objekte, die zu Kollisionen mit der Erde führen können.
Seit etwa einem Jahrzehnt wird im
"Near Earth Object"
(NEO) Projekt der NASA
aktiv nach solchen in Erdnähe kommenden Objekten gesucht.
Wird ein derartiges Objekt gesichtet, dann
wird aus mehreren Positionsmessungen die mögliche Bahn berechnet.
Man versucht die für die Erde gefährlichen Objekte
rechtzeitig zu entdecken und zu erkennen.
3. Kollisionen
Da immer wieder Objekte in Erdnähe gelangen ist zu vermuten,
dass es zu Kollisionen kommen kann.
Im folgenden werden einige solcher Ereignisse
der Vergangenheit kurz beschrieben.
3.1 Sternschnuppen
Das Verglühen von Asteroiden in der Erdatmosphäre kommt regelmässig vor. Viele der Sternschnuppen sind Individuen, viele erscheinen an gewissen Tagen in kurzem Zeitraum, die sogenannten Schwärme.
Schwärme
In einigen Fällen wurde nachgewiesen,
dass die verglühenden Meteore Reste eines Kometen sind,
Reste, die sich über die Bahn des Kometen verteilt haben.
Diese Bahn hat einen Schnittpunkt mit der Bahn der Erde, so dass
dann an dem Zeitpunkt, wo die Erde die Bahn schneidet,
viele Sternschnuppen zu sehen sind.
Die Namen der Schwärme deuten auf das Sternbild hin,
aus dem die Sternschnuppen zu kommen scheinen.
Die Zeitpunkte der Erscheinungen schwanken etwa um einen Tag.
Es sind zum Beispiel:
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Individuen
Ein aussergewöhnliches individuelles Ereignis fand 2008
über dem Sudan statt.
Am 6. Oktober wurde bei der automatischen Himmelsüberwachung
in Arizona ein neues NEO (siehe oben) entdeckt.
Eine erste Bahnberechnung ergab, dass "NEO 2008-TC3"
am 7. Okt. mit der Erde kollidieren würde.
Die Helligkeit des Objekts wies auf einen Durchmesser von nur
wenigen Metern hin.
Wegen des erwarteten Eintretens in die Erdatmosphäre über
dem Sudan wurde ein Pilot der Fluggesellschaft KLM vorgewarnt.
Er beobachtete auf dem Flug von Kapstadt nach Amsterdam
zur rechten Zeit den Himmel,
sah ein Aufhellen des Himmels, und meldete dies der NASA.
Anhand aller Positionsdaten
konnten Forscher im nordöstlichen Sudan an der richtigen Stelle
einen Monat später Bruchstücke des in Höhe von
37 km explodierten Objekts einsammeln.
Es handelte sich um einen Achondrieten aus extrem porösem und
zerbröselndem Material.
Das war das erste Mal, dass ein gerade entdecktes Objekt
auf Grund der Bahnberechnung gesichtet wurde und die Einschlagstellen
daher genau abgesucht werden konnten.
Die Modellrechnung ergab,
dass das NEO 2008-TC3 ein Durchmesser von 4 m
hatte und etwa 80.000 kg gewogen haben muss.
Mehr dazu auf
2008-TC3 bei JPL und in "Sterne und Welraum", 5/2009.
Viele Meteoriten sind im Laufe der Jahrmillionen auf die Erde gefallen. Als Beispiel hier ein Verweis auf dokumentierte Meteoritenfunde in Neuseeland. In Gegenden mit wenig Pflanzenwachstum und wenig Erosion bleiben diese Objekte einfach unverändert liegen. Insbesondere in der australischen Wüste hat man viele Meteoriten gefunden.
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3.2 Größere Einschläge - Krater
Größere Einschläge sind selten. Von einigen hat man die Umstände über Modellrechnungen abschätzen können.
Bei Tunguska im östlichen Siberien gab es am 30. Juni 1908 eine gewaltige Explosion. Der Knall scheint in Moskau gehört worden zu sein. Die Rekonstruktion der Ereignisse ergab, dass ein Objekt mit etwa 30 m Durchmesser 5-10 km über der Erdoberfläche explodierte. Obwohl der explodierende Asteroid die Oberfläche nicht erreichte, spricht man doch von einem Einschlag.
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Der Barringer Krater in Arizona entstand vor etwa 50.000 Jahren. Aus der Form der Krater folgte im Vergleich mit Modellrechnungen, dass ein Objekt von etwa 30 m in Durchmesser und einer Masse von 300.000 Tonnen nahezu senkrecht eingeschlagen ist. In dieser trockenen Gegend blieb der Krater nahezu unverändert erhalten.
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Das (Nördlinger) Ries nahe der Grenze von Baden-Württemberg und Bayern ist eine Delle in der östlichen Schwäbischen Alb mit einer zentralen sowie einer ringförmigen äusserlichen Erhebung. Der Durchmesser ist etwa 25 km. Ein Objekt ist vermutlich vor 14.3 Millionen Jahren aus westlicher Richtung eingeschlagen. Bruchstücke des Albmaterials wurden bis in Tschechien nachgewiesen.
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Etwa 40 km west-südwestlich befindet sich das Steinheimer Becken, eine gleich alte Einschlagstelle, mit einem Durchmesser von etwas unter 4 km.
Die beim heutigen Nördlingen und Steinheim eingeschlagenen Objekte hatten Durchmesser von etwa 1.5 km und 150 m. Wegen der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung und Bebauung des Gebiets sind nur die Kraterrände (und die auch nur dürftig) sichtbar.
Der Einschlag in Yukatan (Halbinsel an Mexiko/Karibik) vor 65 Millionen Jahren führte wohl zum Aussterben der Dinosaurier. Über die Suche nach der Einschlagstelle wurde von Alvarez "T-Rex and the crater of Doom" geschrieben. Es ist ein hervorragender Bericht über die wissenschaftlichen Untersuchungen und sonstigen Erkenntnisse, der sich wie ein Krimi liest!
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Dokumentierte Einschlagstellen gibt es viele. Insbesondere hat die verbesserte Kartierung der Erdoberfläche mit Hilfe von Satellitenaufnahmen zu der Entdeckung vieler möglicher Einschlagkrater geführt.
Mit der Zeit (Jahrtausende) ist es immer schwieriger festzustellen, ob eine heute scheinbar ringförmige Struktur der Erdoberfläche eine Einschlagstelle ist. Dies hängt zusammen mit der möglichen Überlagerung von Material, Abschabung von Fels während Eiszeiten, durch Erosion, Überwucherung durch Wald, u.s.w. Bei vielen der näher untersuchten Stellen fand man Spuren von geschmolzenem Gestein (Einschlaghitze) und ausgeworfenem Material. Auch kan man mit modernen geologischen Techniken die Zerstörung der tieferen Erdschichten nachweisen.
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3.3 Einschläge auf Jupiter
Auch andere Planeten und andere Objekte kennen Einschläge. So sind alle Krater auf dem Mond das Resultat von Einschläge.
Ein rezenter Einschlag fand auf Jupiter statt. Da Jupiter eine gasartige Oberfläche hat, sind Einschlagstellen nach nicht allzu langer Zeit nicht mehr erkennbar. Dennoch wurden einige Einschläge gesichtet.
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Komet Shoemaker-Levy umkreiste Jupiter. Duch die gravitative Wirkung des Jupiters wurde der Komet instabil und zerbrach 1993 in 21 Teile. Diese Teile verfolgten etwa die ursprüngliche Bahn, die dann aber Juni 1994 in einer Reihe von Kollisionen mit Jupiter endeten.
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Ähnliche Vorgänge auf Jupiter sind danach in der älteren Literatur entdeckt worden. Darunter sind die Flecken, die Schroeter (Berlin) 1783-1786 sah und in Zeichnungen festgehalten hat. Auch Cassini (Paris) hat 1690-1691 derartige Flecken gesehen (Notiz im "New Scientist" 18.1.1997).
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3.4 Kometen die in die Sonne stürzen
Kometen können auch in die Sonne stürzen. Dies wurde erst recht aus den Aufnahmen der Sonne mit dem Solar and Heliospheric Observatory (SOHO) bekannt. Dieser Satellit wurde gebaut um die Sonne und ihre Umgebung (z.B. Sonnenflammen) fortlaufend zu überwachen.
Eine SOHO-Bildsequenz zeigt zwei Kometen, die von "unten" auf die Sonne zufliegen, in die Sonne stürzen und dort einen Materialausbruch auslösen.
4. Wie oft gibt es Einschläge?
Die Häufigkeit der Einschläge hängt natürlich
direkt mit der Häufigkeit der Objekte zusammen.
Auch wird sie beeinflusst vom Winkel,
mit dem ein Objekt in die Erdatmosphäre eindringt,
da dieser die Länge des Wegs durch die Erdatmosphäre
und somit die Möglichkeit zum Verglühen bestimmt.
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Aus Modellrechnungen weiss man, dass Objekte die kleiner als einige Meter sind, die Erdoberfläche nicht erreichen können, sie verglühen ganz in der Erdatmosphäre. Größere landen schon auf der Erde (die Meteoriten). Aus der Häufigkeitsverteilung folgt dann, dass im Schnitt nur einmal in mehreren tausend Jahren ein großes Objekt (oder vielleicht nur Teile davon) die Erdoberfläche erreicht.
Einschläge können modelliert werden. Es gibt eine Webseite mit Zugang zu einfachen Einschlagmodellen.